Kann für "branchenfremde" Personen der Quereinstieg in den Beruf Schulleitung in der Volksschule gelingen? Um es gleich vorweg zu nehmen. Ja, aber...
Die schlechte Nachricht zuerst:
Es gibt leider noch (zu viele!) Beispiele, in denen Quereinsteiger*innen Schulleitungsfunktionen übernommen haben und dabei nicht erfolgreich waren. Die Erfahrung zeigt, dass ganz oft die gleichen Ursachen dahinter stecken:
Gründe, warum der Quereinstieg in die Schulleitung misslingt
Die Quereinsteiger*innen finden im Kollegium (bei den Lehrpersonen) keine Akzeptanz, weil sie branchenfremd sind (Schulleiter ohne Lehrdiplom);
Die Quereinsteiger*innen sind überrascht von den vielfältigen und unterschiedlichen Bedürfnissen der Anspruchsgruppen (Behörde, Lehrpersonen, Schüler*innen, Eltern etc.) und können mit der Sandwich-Position nicht umgehen;
Die branchenfremden Schulleiter*innen sehen die Lehrpersonen nicht als Expert*innen und mischen sich vorschnell in pädagogische Belange ein.
Ausbildungen für Quereinsteiger*innen in die Schulleitung
Der Arbeitsmarkt für Schulleitende ist trocken. Es kommt vermehrt vor, dass sich auf ausgeschriebene Stellen für Schulleitende nur sehr wenige Personen interessieren und bewerben.
Das hat - richtigerweise - dazu geführt, dass die Anbieter von Schulleitungsausbildungen (in der Regel die Fachhochschulen) spezifische Angebote (CAS oder andere Hochschulweiterbildungen) geschaffen haben, um den branchenfremden zukünftigen Schulleiter*innen das notwendige Rüstzeug zu verschaffen.
Das ist ein sehr begrüssenswerter Trend. Die Praxis zeigt aber, dass damit der gelungene Einstieg in das neue Berufsfeld noch nicht garantiert ist.
Was zum Gelingen beiträgt: Mindset und Skills für Quereinsteiger in die Schulleitung
Schulleiter*innen brauchen fachliche Kompetenzen - keine Frage. Diese können in entsprechenden Weiterbildungen gut erarbeitet und gelernt werden. Budgetierungsprozesse, Schuljahresplanung, gesetzliche Grundlagen und kantonale Besonderheiten bilden eine solide Basis des Schulleitungs-Handwerks. Das sind aber auch nicht die alleinigen Aspekte, die den Quereinstieg alleine erfolgreich machen.
Die Haltung macht Vieles möglich.
Schulleitende haben sowohl eine Management- wie auch eine Führungsaufgabe. Gerade im Bereich der Führung gibt es viel Potenzial, das ganz branchenspezifisch ist. Hier 3 Themen, die sich Quereinsteiger*innen ganz besonders zu Herzen nehmen müssen:
Lehrpersonen sind Expert*innen Lehrpersonen sind Expert*innen in Ihrem Beruf. Sie haben langjährige und aufwändige Studiengänge sowie Aus- und Weiterbildungen absolviert. Lehrpersonen arbeiten direkt im Kontakt mit den Schüler*innen und Eltern bzw. Erziehungsberechtigten. Und ganz oft stehen sie auch in direktem Kontakt mit zusätzlichen Stellen wie beispielsweise schulpsychologischen Diensten. Lehrpersonen sind die Profis an der Front und bringen oft langjährige Erfahrung mit. "Neue" Schulleiter*innen ist dringend geraden, das Kollegium in erster Linie als Expert*innen zu verstehen. Expert*innen haben ausgeprägte fachliche und persönliche Ressourcen, Stärken, Talente und Fähigkeiten. Diese gilt es zu würdigen. Diese Haltung des "fachlichen und persönlichen" Vertrauens ist essenziell in der Führung einer Expertenorganisation.
Schule ist Arbeit mit Menschen. Das gilt immer und ist unumstösslich. "People's Business" ist der oft gehörte Begriff aus dem Englischen. Lehrpersonen und Pädagog*innen wissen um dessen Bedeutung: Auf pädagogischer Ebene sind allen Lehrpersonen die Studien des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie gut bekannt. Eine zentrale Erkenntnis seiner Metaanalysen ist der Einfluss einer guten und gelingenden Beziehung zwischen Schüler*in und Lehrperson auf den Bildungserfolg und die Entwicklung von Schüler*innen. Das ist unumstritten. Nur: Wenn diese Art der Beziehung so relevant ist (und von vielen Schulleitenden auch eingefordert wird), dann sollte auch die Beziehung zwischen Führungsperson und Mitarbeiter*in ebenso viel Bedeutung haben. Für Schulleiter*innen ist deshalb essenziel, für gute und gelingende Beziehungen zwischen ihnen und den Lehrpersonen zu sorgen. Das ist eine zentrale Führungsaufgabe - ganz besonders (aber nicht nur) für Neu- und Quereinsteiger*innen in die Schulleitung.
Selbstregulation: Mit dem Anspruchsdruck umgehen können. In Schulleitungsfunktionen gibt es zahlreiche Anspruchsgruppen mit unterschiedlichsten und zeitweise sich widersprechenden Bedürfnissen und Ansprüchen. Schulbehörden, Eltern, Kinder, das Facility Management und viele mehr: In der Schulleitung arbeitet (und kommuniziert!) man oft an den Schnittstellen dieser Anspruchsgruppen. Das kann mitunter sehr belastend sein. "Es allen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann" gilt hier ganz besonders. Dabei entsteht oft emotionaler Druck, Druck für rasche Entscheidungen und dann steht ganz besonders im Zentrum, die Konfrontationen der nicht befriedigten Anspruchsgruppen aushalten zu können. Gefragt ist eine ausgeprägte Fähigkeit zur Regulation der eigenen Emotionen.
Die Begleitung v0n Quereinsteiger*innen ist eine echte Chance
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich eine professionelle Begleitung von Quereinsteiger*innen die Schulleitung rasch auszahlt. Der zusätzliche (finanzielle) Aufwand ist geringer, als der potenzielle Schaden in der Schulorganisation, wenn es denn nicht klappen sollten.
Eine Begleitung von Schulleitenden muss aus unserer Sicht auch immer beide Komponenten enthalten: Fachliches Coaching und persönliches Coaching zur Entwicklung einer passenden, wertschätzenden und positiven Führungshaltung.
Auch in dafür gibt es genügend Praxisbeispiele, die einen gelungenen Einstieg von branchenfremden Personen in die Schulleitung zeigen.
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